Mehr als fünf Jahrzehnte Engagement
und Miteinander im Quartier

Ich bin 1970 in die Untermühlsiedlung gezogen. Damals war die Wohnungsnot so groß wie heute. Als mein Schwiegervater verstorben war, haben mein Mann und ich seine Wohnung übernehmen können. Wir waren sehr froh darüber, denn, wir waren jung verheiratet, hatten im Grunde nichts, und die Miete betrug nur 80 Mark. Heute ist sie immer noch bezahlbar, unter anderem deswegen sind wir der Volkswohnung treu geblieben.

Ich mochte das Viertel gleich. Bis heute genieße ich es,

dass es in der Untermühlsiedlung so grün ist.

 

Am Anfang war es dennoch schwierig. Hier haben nur alte Leute gewohnt, die uns Junge bevormunden wollten. Das macht man so, das so … Die Hausordnung war oberstes Gebot, die musste man genauestens befolgen, sonst prallte man mit den Alten zusammen. Auf diese Weise haben wir aber schon in unserer Jugendzeit gelernt, dass man Rechte und Pflichten hat.

1987 gründeten wir in der Siedlung eine Frauengruppe, es gab einen monatlichen Treff. Wir haben sehr viel miteinander unternommen, und damals lernte ich auch die Frau H. kennen. Im Viertel gab es schon vorher eine Spiel- und Lernstube, wo der Nachwuchs sich nachmittags aufhalten konnte. Durch diese Einrichtung haben die Kinder bessere Noten in der Schule bekommen, was der ganzen Siedlung Auftrieb gegeben hat.

 Mit der Frauengruppe haben Frau H. und ich gebastelt, gebacken und Feste veranstaltet – der Erlös kam dann der Spiel- und Lernstube zugute.

Die Freundschaft mit Frau H., die beim Frauentreff ihren Anfang nahm, ist über die Jahre immer stärker geworden. Wir haben vieles miteinander unternommen, uns gegenseitig Ratschläge gegeben. Manchmal unterstütze ich Frau H., da sie sehbehindert ist. Aber eigentlich kann sie sehr viel alleine und möchte auch nicht, dass man sie bedauert oder ihr bei etwas hilft, das sie selbst ausführen kann.

Frau H. und ich verstehen uns auch deshalb so gut, weil wir die gleichen Vorstellungen vom Leben im Quartier haben. Es ist unser Bestreben, dass es draußen sauber ist und alles so gut wie möglich intakt bleibt. Da melde ich mich auch regelmäßig bei der Volkswohnung. Ich bin dort wahrscheinlich schon bekannt – es ruft niemand so oft an wie ich!

Aber ich kann mich nicht beklagen. Was ich bei der Volkswohnung gemeldet habe, ist auch ausgeführt worden. Ich möchte eben, dass es hier nicht verlottert, sondern alles im Rahmen bleibt. Wenn jeder von den Bürgerinnen und Bürgern darauf achten würde, würde ja alles stimmen, oder? Das machen aber viele nicht.

Frau H. und ich würden uns wünschen, dass es in der Siedlung mehr Angebote für ältere Menschen gibt. Konzepte wie in anderen Quartieren wären toll, die Alt und Jung miteinander verbinden. Oder ein Café, in dem sich die Menschen treffen können.
Auch Einkaufsmöglichkeiten und die Straßenbahnanbindung sind nicht optimal. Wenn man jung ist, ist das kein Problem, aber später wird schon beschwerlicher. Trotzdem: Wir wohnen wirklich gerne hier.

Christa M. macht es großen Spaß, in der Untermühlsiedlung zu wohnen. Gemeinsam mit ihrer Freundin Sofie H. hatte sie in über 50 Jahren viele Ideen, um die Lebensqualität im Viertel zu verbessern.